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 Risiko

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Der Risikozuschlag (r) dient der Adjustierung des Basiszinssatzes, um insoweit im Rahmen nutzenorientierter Bewertungsverfahren die erforderliche Äquivalenz zwischen Ertrag aus dem Unternehmen und Ertrag aus einer Staatsanleihe herzustellen. Dabei sind alle Risikofaktoren im Risikozuschlag zu berücksichtigen,

a) die bei dem Substitut "Staatsanleihe" gegenüber dem Bewertungsobjekt marktmäßig nicht vorhanden sind bzw.
b) die nicht bereits bei der Berechnung der Basisgröße Unternehmensertrag berücksichtigt wurden (Vermeidung einer Doppelberücksichtigung) und
c) die nicht bereits direkte oder indirekt in anderen Zu- oder Abschlägen zum Basiszinsfuß - z.B. speziell im Hinblick auf das unterschiedliche Geldentwertungsrisiko bzw. im Hinblick auf verminderte Fungibilität - berücksichtigt sind.

Von den vier Adjustierungsvariablem kommt dem Risikozuschlag in Praxis und Rechtsprechung die größte Bedeutung zu: Beträgt z.B. der Unternehmensertrag 1 Mio EURO und der Basiszinssatz 5 %, ergibt sich ein Unternehmenswert von 20 Mio. EURO; beträgt unter sonst gleichen Voraussetzungen der Risikozuschlag 2,5 %, ergibt sich ein Unternehmenswert von nur 13,3 Mio EURO (1 Mio. EURO / 0,075). Die Auswirkungen sind also enorm.

In der Rechtsprechung werden Risikozuschläge sehr unterschiedlich abgeleitet (vgl. zum Beispiel den Beschluss des BayOLG v. 19.10.1995, HdUBew, Teil4, S. 6):

"Die Rechtsprechung schwankt zwischen völliger Ablehnung eines Risikozuschlags und Risikozuschlägen, die sich früher zwischen 2,0 % bis 4 % bewegt haben und jetzt eher zwischen 0,5 % und 1,5 % liegen. ... Die Bewertung dieses Risikos ist in exakten Zahlen praktisch nicht faßbar. Der Senat hält es für die zuverlässigste Methode, als Anhaltespunkt den Vergleich zwischen Basiszinssatz und der banküblichen Verzinsung von Großkrediten zu nehmen und davon ausgehend die Risiken nach oben oder unten auf den Einzelfall abzustimmen. Die Zinssätze für Kontokorrentkredite von 1 Mio. DM bis 5 Mio. DM haben im jährlichen Durchschnitt betragen: 1982: 11,69 % ..., 1991: 10,97 %. Daraus errechnet sich ein Durchschnittszinssatz von 8,6 %. Im Vergleich zum Basiszinssatz von 7,4 % ergibt sich hieraus anhaltspunktmäßig ein Zuschlag von 1,2 %. ... Wegen dieser Faktoren (krisensicheres Produkt, Standortvorteil, keine Währungsschwankungen, C.B.) muß das hier verbleibende Unternehmerrrisiko als erheblich unterdurchschnittlich eingestuft werden. Der Senat bemißt es mit 50 % des allgemeinen Unternehmerrisikos, also insgesamt mit 0,6 % Prozentpunkten."

Die Bemessung eines Risikozuschlages wird ähnlich schwierig auch in der Literatur gesehen (so. z.B. Mandl/Rabel: Unternehmensbewertung, Wien/Frankfurt 1997, 232, die ferner auf Drukarczyk verweisen, wonach die Praxis an der Verwendung subjektiver Risikozuschläge festhält):

"Die Höhe des subjektiven Risikozuschlages liegt im Ermessen des Bewertungssubjekts und ist nach dessen subjektiver Einschätzung festzulegen. Konkrete, in der praktischen Anwendung umsetzbare Richtlinien, anhand derer die Quantifizierung subjektiver Riskozuschläge durchgeführt werden könnte, existieren nicht."

Die Anknüpfung an Risikozuschlägen, die in früheren Gerichtsentscheidungen als angemessen betrachtet wurden, erscheint weder gegenwartsbezogen noch marktgerecht.

Der Risikozuschlag r (risiko rate) wirkt - ebenso wie der Fungibilitätszuschlag - wertmindernd. Diese Auswirkung auf den Wert eines Unternehmens kann extrem hoch ausfallen, wenn sonst von marktmäßig niedrigen Basiszinssätzen sowie von der These der generellen Risikoaversion eines potentiellen Investors ausgegangen wird. Die Zinszuschlagsmethode zur Berücksichtigung von Risiken ist international üblich und erlaubt eine marktorientierte Vorgehensweise. Die Sicherheitsäquivalenzmethode berücksichtigt das Risiko nicht (erhöhend) beim Kapitalisierungszins, sondern (mindernd) beim Unternehmensertrag; sie hat sich weder national noch international durchgesetzt; überdies ist sie mit dem Substitutionsmodell nicht vereinbar, da Bewertungs- und Vergleichsobjekt nicht mehr eindeutig als Bezugsgrößen identifizierbar sind.

Eine weit verbreitete Konvention zur Ableitung von Risikozuschlägen basiert nicht mehr auf der Investitionstheorie, sondern auf der Kapitalkostentheorie (gewichteter Kapitalkostensatz), weil Unternehmensakquisitionen eher die Umsetzung eines strategischen Konzepts als eine reine Finanzinvestition darstellen (sollen). Hierbei wird der Risikozuschlag durch Verknüpfung bestimmter Marktdaten, nämlich von Marktrisikoprämie und Marktschwankung (Volatilität, BETA-Faktoren) ermittelt. Dieses Verfahren ist Grundlage der DCF-Verfahren.

Als Alternative bietet sich die tabellarische Ableitung eines Risikozuschlages an, die an der unteren bzw. oberen Grenze eines Risikozuschlages anknüpft. Ziel ist, die Ableitung eines Risikozuschlage für Dritte nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Eine Lösung des Problems der marktmäßigen Ableitung eines Risikozuschlages könnte daher darin liegen, die untere und obere von solchen Risikozuschlägen zu fixieren und über die Beurteilung qualitativer Merkmale interpolierend zu Zwischenwerten zwischen den extrem Polen marktmäßig gerechtfertigter Risikozuschläge zu gelangen. Dabei kann ein branchenbezogener BETA-Faktor als ein Kriterium unter vielen anderen in die Beurteilung durchaus mit einfließen. Hierbei erscheint eine Anknüpfung an die in der Theorie als bedeutsam erkannten fünf Wertgeneratoren sach- und marktgerecht.

Die Höhe des Riskozuschlages entspricht nach den Marktbeobachtungen maximal dem Baisizinssatz. Ist Vergleichsobjekt zum Bewertungsobjekt eine Staatsanleihe, so muß der Zinsertrag aus der Staatsanleihe dominieren und es können nicht diejenigen Faktoren dominieren, die lediglich der Adjustierung des Zinsertrages aus der Staatsleihe dienen, sonst wäre das gesamte Konzept nutzenorientierter Unternehmensbewertung in Frage gestellt. Es macht keinen Sinn, als "Kapitalisierungszins" ein Risikoelement zu konstruieren und diesen durch einen Basiszinssatz zu adjustieren.

Der Risikozuschlag als bedeutsamste Adjustierungsgröße des Basiszinssatzes zur Ermittlung des Kapitalisierungszinses im Rahmen nutzenorientierter Bewertungsverfahren sollte an die Einschätzung der Marktteilnehmer in Bezug auf eine relativ konstante sowohl branchen- wie unternehmensmässig begründbare reale Risikorate zum Bewertungszeitpunkt anknüpfen.

Die untere Grenze eines Risikozuschlages ist "0". Dies ist evident, da ein negativer Risikozuschlag sonst einem Wachstumsabschlag gleich käme. Die obere Grenze eines Risikozuschlages ist theoretisch nicht bestimmbar, allenfalls durch empirische Studien eingrenzbar. Bislang wurde kein einziger Fall bekannt, dass im Rahmen einer Unternehmensbewertung diese Grenze überschritten wurde, selbst nicht in inflationsgefährdeten Ländern. Damit ist die Spannweite (untere und obere Grenze) von Risikozuschlägen fixiert. Daraus folgt: 0 < r < b.

Es drängt sich daher auf die Risikozuschlägen als Bruchteile, und zwar zwischen 0 (unterer Rand) und dem Basiszinsfuß (oberer Rand) darzustellen. Um hierbei zu einer Strukturierung und Ermittlung von Zwischenwerten zu gelangen, erscheint die Anlehnung an die in der Theorie als zentrale Wertgeneratoren erkannten Schlüsselgrößen zweckmäßig, die - insb. bei großen Transaktionsvolumina - ggf. weiter aufgeschlüsselt werden können und müssen. Auf der anderen Seite kann ein branchenbeozogener BETA-Faktor als ein Kriterium unter vielen anderen in die Beurteilung der Risikohöhe durchaus miteinfließen. Die schematische Einbeziehung von BETA-Faktoren im Rahmen eines bestimmten Algorithmus führt zu scheingenauen Unternehmenswerten.

Hiernach ergibt sich beispielhaft folgende Beurteilungsmatrix zur Ermittlung von Risikozuschlägen (die Höhe des Basiszinssatzes in diesem Beispiel (hier: b = 8 % = 0,08) wird als bereits marktmäßig abgeleitet und damit als bekannt vorausgesetzt; die Auswirkung der Risiken auf die fünf Wertgeneratoren wird hier vereinfachend gleich gewichtet). Hiernach ergibt sich ein Risikozuschlag (zum Baisiszinzsatz von 8 %) in Höhe von 3,2 %. 


       RISIKO -->
       (b = 8 % = 0,08) 

WERTGENERATOREN
                   
v
Gewicht nicht (=0)
oder kaum
vorhanden
einge-
schränkt
vorhanden
mittel überdurch-
schnittlich
vorhanden
in hohem
Maße
vorhanden
Summe
g 0   *   b
-     ø     +
0,25   *   b
-     ø     +
0,5   *   b
-     ø     +
0,75   *   b
-     ø     +
1,0   *   b
-     ø     +
Umsatzwachstumsrate 0,20 - - 0,04 - - 0,008
Betriebsgewinnmarge 0,20 - - 0,04 - - 0,008
Ertragssteuerrate 0,20 0,0 - - - - 0,000
Investitionsrate 0,20 - 0,02 - - - 0,004
Kapitalkostensatz 0,20 - - - 0,06 - 0,012
GESAMT
(= Risikozuschlag zum 
Basiszinssatz von 0,08)
1,00 - - - - - 0,032